19 – Diskobol des Myron
Abguss des Diskobol des Myron, Nr. 106
Foto: Walerija LatermannAbguss-Inventar Jena: Nr. 106
Erwerb: vor 1899 aus Mitteln der Akademischen Rosenvorlesung
Abguss nach: römische Marmorkopie // Rom, Vatikanische Museen Inv.-Nr. 2346 // Datierung: 1. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr.
Ergänzungen: Kopf und Hals, linker Arm und rechter Unterarm; moderne Signatur am Baumstamm
Fundort: Tivoli (Italien), Villa des Kaisers Hadrian ("Villa Hadriana")
Original: Bronzestatue des Myron // Datierung: um 450 v. Chr. // heute verloren
Höhe: 1,33 m (ohne Plinthe, bis zum Scheitel)
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Der Diskuswerfer des attischen Bildhauers und Bronzegießers Myron, der in zahlreichen römischen Kopien überliefert ist, zählt zu den berühmtesten Bildwerken der Antike. Die Identifizierung des Statuentypus erfolgte bereits 1789 durch C. Fea anhand von Schriftquellen, was den Ausgangspunkt der Myron-Forschung bildet.
Dargestellt ist ein Athlet beim Diskuswurf, wobei der Künstler die Konzentration des komplizierten Bewegungsablaufs auf einen Punkt, den sog. fruchtbaren Moment, bringt. Der in der Hüfte gedrehte Rumpf schließt sich in der originalen Fassung mit dem zurückgeführten rechten Arm, dem zurückgewendeten Kopf und dem schwungholenden linken Arm zu einer alle Kraftlinien bündelnden Kreiskomposition zusammen.
Unsicher ist, ob es sich bei dem Dargestellten um eine mythische oder historische Gestalt handelt. Auf einer Londoner Gemme erscheint der myronische Diskobol mit der Beischrift "Hyakinthos", was den Liebling des Apoll, der beim Diskuswurf umkam, meint. Es könnte sich aber auch um das Bild eines Siegers im Fünfkampf handeln.
Die Sportart des Diskuswerfens zählte seit 706 v. Chr. im Rahmen des Fünfkampfs (Diskuswerfen, Weitsprung, Speerwerfen, Laufen, Ringkampf) zum festen Bestandteil der Olympischen Spiele. Die verzierte und beschriftete Scheibe wurde meist aus Bronze, aber auch aus Blei, Eisen oder Stein hergestellt, hatte einen Durchmesser von 17 bis 23 cm und ein Gewicht von etwa 5 kg. Die antike Wurftechnik ist mit der neuzeitlichen nicht mehr zu vergleichen. Aufgrund verschiedener antiker Quellen und der Analyse der Bildwerke, speziell des myronischen Diskuswerfers, wird in der neueren Forschung angenommen, dass es sich um einen "Schleuderwurf mit Standwurftechnik" gehandelt habe.
Die römische Marmorkopie im Vatikan entstand wohl in hadrianischer Zeit. Zahlreiche Beschädigungen der Statue bei ihrer Auffindung erforderten Ergänzungen, insbesondere des Kopfes und Halses. Der nackte junge Athlet schaut nun nach unten, was aber ursprünglich nicht der Fall war, denn schon der griechische Schriftsteller Lukian (Philops. 18) schrieb im 2. Jh. n. Chr.:
"Du meinst doch nicht den mit dem Diskus, der sich gerade zum Abwurf vorbeugt; den Kopf hat er zurückgedreht mit dem Blick auf die Hand, die die Scheibe schwingt, das andere Knie ein wenig eingeknickt, und er sieht aus, als werde er sich zugleich mit dem Wurf wieder aufrichten? – Nein nicht den, das ist der Diskuswerfer, von dem du sprichst; den Myron geschaffen."
Die wahrscheinlich korrekte Haltung des Kopfes ist heute noch am sog. Diskobol Lancelotti zu sehen, der sich im Thermenmuseum in Rom befindet und als beste Kopie des myronischen Originals bezeichnet wird.