Münzsammlung

Akademisches Münzkabinett

Münzsammlung
Foto: LS Klassische Archäologie

Wie die anderen Sammlungen der Klassischen Archäologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat auch das Akademische Münzkabinett seine Wurzeln im 19. Jahrhundert (Abb. 1).

Schon in der Anfangsphase des Archäologischen Museums der Universität Jena lassen sich die ersten antiken Münzen fassen. Neben Schenkungen des Juristen Alfred Nicolovius, einem Großneffen Goethes und Professor in Bonn, findet man auch erste Erwerbungen des Museumsgründers Carl Wilhelm Goettling, darunter eine griechische Silbermünze des 4. Jahrhunderts v. Chr. aus Sikyon auf der Peloponnes (Abb. 2), die Goettling von seiner zweiten Griechenlandreise 1852 mitgebracht hatte. In der 1854 erschienenen dritten Auflage von Goettlings Katalog Das Archäologische Museum der Universität Jena, gegründet im Jahr 1845 ist der damals noch kleine Bestand von 71 Münzen verzeichnet.

Bis 1905 wuchs die Sammlung vor allem durch Schenkungen auf 1.224 antike und mittelalterliche Münzen an. Ab dieser Zeit ist auch der Name "Akademisches Münzkabinett" bezeugt. Mit Behrendt Pick, dem Direktor des Gothaer Münzkabinetts, war von 1897 bis 1931 erstmals ein Spezialist für antike Numismatik kontinuierlich als Honorarprofessor an der Universität Jena tätig. Er unternahm eine Neuordnung und Inventarisierung der antiken und mittelalterlichen Münzen sowie der über 2.200 neuzeitlichen Münzen und Medaillen, deren Kernbestand 1961 dem Jenaer Stadtmuseum übergeben wurde. Seine Aufzeichnungen sind allerdings verschollen. Numerisch entspricht die Sammlung der universitätseigenen antiken und mittelalterlichen Münzen heute mit 1.245 Exemplaren im Wesentlichen dem Umfang der Sammlung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Den bedeutendsten Teil des Akademischen Münzkabinetts bildet eine Dauerleihgabe der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen, die ehemals 4.346, heute 4.313 antike Münzen zählende Sammlung des preußischen Oberstleutnants Friedrich Wilhelm Schmidt (gest. 1845) aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung wurde 1877 von seinem Bruder Ernst Gottlob Schmidt testamentarisch dem Großherzoglichen Gymnasium zu Weimar vermacht, wo beide Schüler gewesen waren. 1890 publizierte der Gymnasiallehrer Otto Knott den von ihm überarbeiteten handschriftlichen Katalog Ernst Gottlob Schmidts (Abb. 3). Schon 1908 kam die Sammlung als Dauerleihgabe nach Jena. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente sie zunächst als Ersatz für die antiken Bestände des in die Sowjetunion verbrachten Berliner Münzkabinetts. Seit 1962 befindet sich die für alle Epochen des römischen Reiches repräsentative Sammlung erneut als Dauerleihgabe an der Universität Jena. Vor allem Teile der Sammlung Schmidt werden durch den Ausstellungskatalog Moneta Augusti erschlossen, der über 500 Münzen des Akademischen Münzkabinetts in thematischer Gruppierung mit wissenschaftlichen Essays von Mitarbeiter:innen und Studierenden präsentiert (Abb. 4).

Abb. 1. Münzschrank und Münzwaage des 19. Jahrhunderts
Foto: Peter Scheere
Abb. 2. Hemidrachme, Sikyon, 4. Jh. v. Chr. (AMK 2007-G-1):Die Rückseite zeigt die Chimaira, ein löwengestaltiges Monster mit einem Ziegenkopf auf dem Rücken und einem Schlangenschwanz. Die Sikyonier verweisen so auf den aus ihrer Stadt stammenden Heros Bellerophon, der das in Lykien hausende Untier mit Hilfe des Flügelpferdes Pegasos tötete.
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 3. Titelblatt des 1890 erschienenen Katalogs zur Sammlung Schmidt
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 4. Slg. Schmidt 1310: Sesterz des Hadrian, Rom, 120-121 n. Chr.: die Rückseite mit der Personikation der Moneta Augusti lieferte den Titel für eine Ausstellung im Stadtmuseum Jena und den zugehörigen Katalog
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 5. Slg. Schmidt 1655: Sesterz des Marcus Aurelius, Rom, 10. Dez. 176-Herbst 177 n. Chr., Detail der Rückseite mit dem Triumph von Marcus Aurelius und Commodus über die Germanen (und Sarmaten).
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 6. Slg. Schmidt 2999: Beckersche Fälschung eines Aureus des Tetricus I.
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 7. Slg. Schmidt 3155: Aureus des Aurelian, Rom, 2. Hälfte 274 n. Chr.
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 8. Slg. Schmidt 909: Paduaner nach einem in Rom geprägten Sesterz des Jahres 71 n. Chr.
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 9. Slg. Schmidt 908: Sesterz des Vespasian, Rom, 71. n. Chr.
Foto: Torsten Kleinschmidt
Abb. 10. Slg. Schmidt 166: Renaissancemedaille von Giovanni Cavino (Avers: Alexander der Große von Makedonien; Revers: Alexanders Triumph über die Perser)
Foto: Torsten Kleinschmidt

Herausragendes Exemplar der Sammlung Schmidt ist die wohl bislang singulär bezeugte Prägung (Abb. 5) des Marcus Aurelius (161–180 n. Chr.) anlässlich des gemeinsam mit seinem Sohn Commodus gefeierten Triumphes über die Germanen (und Sarmaten) im Dezember 176 n. Chr. Der erst fünfzehnjährige, sicher noch kein militärisches Kommando bekleidende Commodus steht neben seinem Vater auf der Quadriga. Die Teilhabe am Triumph und an den zugehörigen Siegesbeinamen Germanicus und Sarmaticus demonstriert, wie Marcus Aurelius seinen Sohn für eine reibungslose Machtübernahme positionierte. Schon ein halbes Jahr später erfolgte konsequenterweise die Erhebung des Commodus zum Mitregenten.

Die Sammlung Schmidt beherbergt neben antiken Imitationen auch eine größere Anzahl moderner Nachahmungen und Fälschungen. Da sind zunächst Prägungen Carl Wilhelm Beckers (1772–1830), des bekanntesten Münzfälschers seiner Zeit, der in Offenbach zahlreiche Stempel nach seltenen Gold- und Silbermünzen schnitt. Die damit geprägten Münzen speiste er über Mittelsmänner als Originale in den Kunsthandel ein. Erst als seine Fälschertätigkeit bekannt wurde, begann er seine Münzen als Nachahmungen zu verkaufen. Zu den Kunden seiner Antikenhandlung zählte auch Goethe, der 1815 persönlich Kontakt zu Becker aufgenommen hatte und von ihm wohl allerdings ausschließlich originale Münzen erwarb. Friedrich Wilhelm Schmidt dürfte die Becker'schen Prägungen als Originale gekauft haben, zumal sie auch im gedruckten Katalog nicht als Fälschungen ausgewiesen sind. Eine sichere Identifizierung der oft sehr qualitätvollen Fälschungen wird durch die im Berliner Münzkabinett erhaltenen Prägestempel ermöglicht. Der Becker'sche Aureus (Abb. 6) des Tetricus I. (271–274 n. Chr.) geht auf ein 272 in Köln geprägtes Vorbild zurück. Dieser letzte Herrscher des gallischen Sonderreiches (260–274 n. Chr.) unterlag in der Schlacht Kaiser Aurelian (270–275 n. Chr.), der so die Einheit des Imperium Romanum wieder herstellen konnte. Auf dem antiken Aureus zeigt sich Aurelian (Abb. 7) in der betonten Darstellung des Brustpanzers und der militärischen Kurzhaarfrisur als typischer Vertreter der sog. Soldatenkaiser, die seit 235 n. Chr. die Geschicke des Reiches bestimmten.

Hinzu kommen sog. Paduaner, Renaissanceprägungen des Giovanni Cavino (ca. 1500–1570) aus Padua. Als Vorbilder dienten überwiegend römische Sesterze. Bei den Käufern waren vor allem die Prägungen der ersten 12, durch die Biographien Suetons bekannten Kaiser beliebt. Die Gegenüberstellung eines Paduaners mit Bildnis des Vespasian (Abb. 8) und eines antiken Sesterzes des gleichen Kaisers (Abb. 9) lässt Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Porträtauffassung erkennen. Eine erfundene Komposition bietet dagegen ein wohl ebenfalls Cavino zuzuweisendes Medaillon (Abb. 10) mit einem Bildnis Alexanders des Großen und einer Triumphdarstellung, wie sie der griechischen Kunst noch unbekannt war und für die unter anderem wahrscheinlich das Beuterelief des Titusbogens in Rom als Vorbild fungierte.

Literatur in Auswahl

  • A. Geyer (Hrsg.), Moneta Augusti. Römische Münzen der Kaiserzeit und Spätantike im Akademischen Münzkabinett der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jenaer Hefte zur Klassischen Archäologie 6 (Jena 2005).

Darin enthalten:

  • H. Schörner, Geschichte des Akademischen Münzkabinetts der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 9–15.
  • M. Baliga, Die Entwicklung der Nominale bis zum Ende der Römischen Kaiserzeit, 16–20.
  • T. Kleinschmidt, Das Geld der Römer, 21–47.
  • S. Hollstein, Augustus – Die Münzpropaganda des ersten Kaisers, 65–78.
  • J. Weil, Personifikationen – Medium kaiserlicher Selbstdarstellung, 79–95.
  • H. Schörner, Architekturdarstellungen auf spätrepublikanischen und kaiserzeitlichen römischen Münzen, 96–125.
  • G. Schörner, Die Pietas der Kaiser – Opferdarstellungen auf Münzen des Akademischen Münzkabinetts, 126–136.
  • G. Schörner, Der Kult des Gottes Sol Elagabalus unter M. Aurelius Antoninus, 137–141.
  • T. Kleinschmidt, Götterdarstellungen und Kaiserhaus, 142–153.
  • U. Lische, Vom Kaiser zum Gott – Die Konsekrationsprägungen der Römischen Kaiserzeit, 154–172.
  • T. Kleinschmidt, Brot und Spiele, 173–187.
  • T. Kleinschmidt, Münzen von Tiberius bis Trajan, 188–206.
  • V. Paul-Zinserling, Eine Imaguncula des Titus, 207–213.
  • H. Wabersich, Hadrian – ein Kaiser der Blütezeit des Reiches, 214–233.
  • T. Kleinschmidt, Münzen antoninischer Zeit, 234–245.
  • T. Kleinschmidt, Münzen von Didius Iulianus bis Carinus (193–285 n. Chr.), 246–266.
  • S. Matz, Das System der Münzprägestätten unter dem römischen Kaiser Probus 276–282 n. Chr., 267–289.
  • T. Kleinschmidt, Die Zeit der Tetrarchie – Herrscherideologie zu Beginn der Spätantike, 290–303.
  • M. Baliga, Die spätantiken Münzen – Von Constantin I. bis Iustin I. (307-527 n. Chr.), 304–331.
  • J. Bemmann – E. Brühl – Th. Schierl, Römische Münzen im Fundkontext – Drei Grabinventare aus Dunaszeksco, dem antiken Florentina, 332–353.