Eine junge Frau in formeller und informeller Kleidung und Frisur sitzt an einem Tisch. Zwei Wortwolken zeigen Zuschreibungen wie Studentin und Managerin.

Formalität und sprachliche Variation

Wie beeinflusst die Situation unsere Sprechweise?
Eine junge Frau in formeller und informeller Kleidung und Frisur sitzt an einem Tisch. Zwei Wortwolken zeigen Zuschreibungen wie Studentin und Managerin.
Foto: Melanie Weirich

Forschungsprojekt im SFB1412 "Register" (mit S.Jannedy, ZAS Berlin, INST 276/780-2, zur ProjektseiteExterner Link)

Eine neue Studie untersucht, ob die Formaliät einer Situation (durch eine unterschiedlich formell gekleidetete Gesprächspartnerin und Veränderungen in der Sprechaufgabe) einen Einfluss auf phonetische Variation haben – und ob es individuelle Unterschiede in dieser Anpassung geben. 

Hintergrund:

Wir passen unsere Sprechweise an verschiedene Gesprächssituationen an. Welche Rolle spielt dabei die wahrgenommene Formalität des Gegenübers? Unterscheiden sich phonetische Details (wie Grundfrequenz und Vokalraum) zwischen einem Gespräch über ein Rezept und einer Forderung nach einer Gehaltserhöhung? Im SFB "Register" untersuchen wir intra-individuelle Variation aufgrund von situativ-funktionellen Faktoren. In dieser Studien nutzen wir ein neues Experimentdesign um diese Variation innerhalb eines Sprechenden kontrolliert zu testen.

 

Experimentdesign:

Für das Experiment wurden verschiedene Vidoe-Stimuli erstellt. Auf den Videos ist eine Frau zu sehen, die hinter einem Tisch sitz, sich in allen Videos auf die gleiche Weise bewegte und scheinbar zuhörte aber nicht sprach. Die Frau variierte in Kleidung, Make-Up und Frisur. Von diesen Stimuli wurden zwei ausgewählt, auf denen die Frau (Persona) als sehr formell und sehr informell bewertet wurde.

In einem zweiten Expermeint wurden die Teilnehmenden dann gebeten mit dieser Frau zu sprechen: in der formellen Situation (mit der formell bewerteren "Persona") sollte eine Gehaltserhöhung begründet werden, in der informellen Situation (mit der informell bewerteten "Persona") sollte das Lieblingsrezept beschrieben werden. Die Sprachdaten wurden dann hinsichtlich der mittleren Grundfrequenz und der Vokalproduktion analysiert, um mögliche Unterschiede in diesen Parametern zwischen den Situationen feststellen zu können.

 

Ergebnisse:

Unsere Proband*innen zeigten intra-individuelle Variation in Abhängigkeit von der Formalität der Situation. Männlichen und weiblichen Sprecher*innen zeigten in der formellen Situation einen größeren Vokalraum, das heißt ihre Vokale lagen im akustischen Raum weiter außeinander und waren daher deutlicher artikuliert. Frauen veränderten zudem ihre mittere Grundfrequenz in der formellen Situation, sie sprachen tiefer und mit weniger Variation, während Männer keine Anpassung zeigten. Außerdem zeigte sich, dass der Ort der Aufnahme eine Rolle spielten und den Effekt der Formalität auf die Grundfrequenz beeinflusste: Sprecher*innen zeigten geringere Anpassung an die Formalität der Situation wenn das Experiement zuhause stattfand als wenn es im Labor durchgeführt wurde. 

 

Publikation:

Duran, D., Weirich, M., & Jannedy, S. (2025). Experimental assessment of phonetic register variation in situated interaction. Register Studies. https://doi.org/10.1075/rs.24020.durExterner Link