
DFG Projekt WE 5757/4-1
Eine neue Studie untersucht, ob der angenommene Beruf (Kindergartenpädagoge vs. Soldat) einen Einfluss auf die wahrgenommene Freundlichkeit eines Sprechers oder einer Sprecherin hat – und ob sich Männer oder Frauen mit hoher Zuschreibung von Femininität akustisch von anderen unterscheiden.
Hintergrund:
Traditionell wird Geschlecht in der Sprachforschung binär betrachtet. Melanie Weirich hinterfragt dies und integriert das Konzept der „gender expression“. Anhand feiner phonetischer Details – wie Grundfrequenz (f0) und Formanten – untersucht sie den Zusammenhang zwischen geschlechtstypischen Berufen, Selbstzuschreibung von Femininität und stimmlichen Merkmalen. Dabei werden gesellschaftliche Normen, berufliche Stereotype und soziale Identität mit sprachlicher Variation in Verbindung gebracht.
Experimentdesign:
In zwei Studien wurde Sprache produziert (n=36) und bewertet (n=130). In Studie 1 wurden Personen aus drei Berufsgruppen (Soldat:innen, Kindergartenpädagog:innen, Führungskräfte) akustisch untersucht, inkl. ihrer Selbsteinschätzung von Femininität. Es wurden Lesetexte und Dialoge aufgenommen, wobei auch das Geschlecht des Gesprächspartners berücksichtigt wurde. In Studie 2 hörten Proband:innen dieselben Sprachaufnahmen – jedoch mit manipuliertem Kontext (z.B. „von Soldaten“ vs. „von Erziehern“) – und bewerteten die Sprecher:innen hinsichtlich der Persönlichkeitsdimensionen Wärme und Kompetenz.
Ergebnisse:
Kindergartenpädagog:innen zeigten höhere zweite Formanten (F2) – ein Hinweis auf klarere, freundlichere Artikulation. Männer mit hoher selbstzugeschriebener Femininität sprachen mit höherer mittlerer Grundfrequenzu und das Geschlecht des Gesprächspartners beeinflusste die mittlere f0 der Sprecher:innen. Die Wahrnehmung der Persönlichkeitsdimensionen variierte altersabhängig mit stereotypen Berufszuschreibungen: Junge Zuhörer:innen bewerteten die Stimuli freundlicher und emotionaler, wenn sie davon ausgingen, sie hörten Kindergartenpädagog:innen statt Soldat:innen, bei älteren Zuhörer:innen war die Bewertung andersherum.
Publikation:
Weirich, M. (2025) The interaction of gender, occupation, and fine phonetic detail. Social Psychological Bulletin, 20, 1-28. https://doi.org/10.32872/spb.13577Externer Link