Labialisierung in deutsch-synchronisierten Filmen
Sprecher blickt in die Kamera
Foto: Fachbereich Sprechwissenschaft und PhonetikProjektleitung: Hans Nenoff
Was macht eine gute Synchronisation aus? Neben treffender Übersetzung und überzeugendem Schauspiel ist es vor allem die Lippensynchronität, die darüber entscheidet, ob wir in die Illusion eines Films eintauchen können – oder ob der Zauber bricht. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Bild und Ton kann die audiovisuelle Harmonie stören und die Glaubwürdigkeit des Dargestellten untergraben. Während die Synchronpraxis seit jeher auf gut sichtbare Konsonanten wie /p/, /b/ oder /m/ achtet, bleiben andere phonetisch-visuelle Signale oft unbeachtet: etwa die Labialisierung von Vokalen – also die Rundung der Lippen bei Lauten wie /oː/, /uː/, /yː/ oder /øː/.
Das Projekt „Labialisierung von Vokalen in deutsch-synchronisierten Filmen“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena untersucht erstmals systematisch, wie stark solche vokalischen Viseme die Wahrnehmung von Lippensynchronität beeinflussen. In mehreren experimentellen Studiendesign werden Konsonanten- und Vokalvarianten kombiniert, und von Proboband*innen hinsichtlich ihrer Synchronität bewertet. Eines der deutlichen Ergebnisse: Nicht nur Konsonanten, sondern auch labialisierte Vokale beeinflussen die Bewertung deutlich – und zwar in gleichem Maße.
Damit stellt das Projekt gängige Annahmen der Synchronpraxis infrage und stärkt die Position, phonetische und visuelle Übereinstimmung von Visemen bei Vokalen prominenter einzubeziehen. Sie eröffnet zugleich neue Perspektiven für eine praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Weiterentwicklung der audiovisuellen Übersetzung.