Forschungsschwerpunkte
Onomastik
Frühneuhochdeutsch
Historische Rechtssprache
Digital Humanities
Korpuslinguistik
Genderlinguistik
Forschungsprojekte
Verteütſcht das yeder die mag leſen? Die sprachliche Vermittlung neuer Rechtsinhalte im Zuge der Rezeption des römischen Rechts für Rechtspraktiker. Dargestellt am Beispiel des Klagspiegels Conrad Heydens und des Laienspiegels Ulrich Tenglers.
Mein Habilitationsprojekt ist interdisziplinär an der Schnittstelle zwischen diachroner Korpuslinguistik und Rechtsgeschichte angesiedelt. Dabei untersuchte ich zwei Rechtsbücher des 15. und 16. Jahrhunderts (den Klagspiegel Conrad Heydens und den Laienspiegel Ulrich Tenglers) hinsichtlich ihrer sprachlichen Besonderheiten und ihrer Auswirkungen auf die Rezeptionsgeschichte des römischen Rechts in Deutschland. Beide Texte gehören der sogenannten Praktikerliteratur an, einer Textsorte, die durch die problematische Situation der Rechtspflege im 15. und 16. Jahrhundert notwendig wurde. Es handelt sich dabei um Texte für Laienjuristen, die das römisch-kanonische Recht anwenden mussten, ohne die lateinischen Rechtsquellen verstehen zu können. Um herauszufinden, wie die Verständlichkeit der populärjuristischen Rechtstexte erreicht wurde, untersuchte ich u.a. graphematische und druckerspezifische Besonderheiten, sprachliche Ausgleichsprozesse im Interesse einer möglichst weiträumigen Verständlichkeit, Transfermethoden, wie römisch-rechtliche Inhalte und Fachtermini ins Deutsche übertragen wurden, sowie textsortenspezifische Besonderheiten. Ein diachroner Vergleich einzelner Textfassungen vom Erstdruck bis zur letzten Auflage gibt Aufschluss über die Textgeschichte. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf Phänomene des Sprachwandels in der Entwicklung der Texte gelegt.
Die Lehrbefugnis im Habilitationsverfahren wurde am 25. Juni 2019 erteilt.
Digitaler diachroner Textvergleich zu Rechtstexten der Frühen Neuzeit
Das Projekt stellt frühneuhochdeutsche Rechtsquellen in den Fokus der Forschung (Klagspiegel, Laienspiegel, die Constitutio Criminalis Carolina und die Bambergische Peinliche Halsgerichtsordnung). Forschungsziel ist eine linguistische Untersuchung der Entwicklung und Überformung der frühneuhochdeutschen Rechtssprache in Bezug auf graphematische Charakteristika und Lexik im diachronen Vergleich ausgewählter Textzeugen, wodurch eine „Versionsgeschichte“ der Rechtsquellen sichtbar werden soll. Die frühneuzeitliche Fachsprache des Rechts wird in ihrem Verlauf analysiert und in ihrem Verhältnis zu allgemeinsprachlichen Phänomenen des Frühneuhochdeutschen betrachtet. Die Analyse der Rechtssprache erfolgt dabei mit den Methoden der Digital Humanities: Aus den Textzeugen werden Ausschnitte transkribiert, die zu einem tiefenannotierten Textkorpus zusammengefasst werden. Die linguistische Annotation umfasst die vollständige Lemmatisierung, das PoS-Tagging und die morphologische Analyse sämtlicher Wortformen. Aufgrund der Annotationen wird ein digitaler Textvergleich ebenfalls mit LAKomp vorgenommen, durch den die Entwicklung der Texte im diachronen Verlauf ermittelt wird. Das Projekt wurde von der FSU Jena mit 39.997€ gefördert.
Erste Ergebnisse des Projektes wurden im August auf dem Fachtag „DH in Thüringen“ sowie im September auf der GGSG-Tagung „Historische Korpuslinguistik“ vorgestellt. Auf zwei Tagungen im September wurden Beiträge zu diesem Projekt angenommen; hier werden die Ergebnisse des Projektes vorgestellt und später publiziert.
Erstellung eines frühneuhochdeutschen Rechtskorpus – linguistische Annotationen und Analysen
Im Projekt wurde ein linguistisch und semantisch annotiertes Probekorpus frühneuhochdeutscher Rechtstexte erstellt sowie an wichtigen Rechtstexten der Rezeptionszeit methodische Vorarbeiten und exemplarische linguistische Analysen vorgenommen. Die Quellen sind durch eine hohe dialektale Diversität gekennzeichnet, was eine automatische Sprachverarbeitung zu einer komplexen Herausforderung macht. In Folge des Projektes wird ein Förderantrag eingereicht. Das Projekt wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Drittmittelfähigkeit von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der FSU Jena mit 10.000€ gefördert.
Digitalisierung Thüringisches Wörterbuch
Die Erstellung des Thüringischen Wörterbuchs wurde von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften gefördert, das Vorhaben ist seit 2006 abgeschlossen. Das seit 1907 gesammelte zugehörige Material mit etwa 5,5 Millionen Wortbelegen liegt derzeit nur in analoger Form vor. Dazu gehören die Belegzettel aus Fragebogenerhebungen, Exzerptionen aus Orts- und Gebietswörterbüchern, Material aus Felduntersuchungen für Qualifikationsarbeiten, aus der thüringischen Mundartdichtung und aus historischen Quellen und Tonbandaufzeichnungen. Dieses Material ist derzeit nur eingeschränkt nutzbar. Da besonders die Tonbandaufzeichnungen für weitere Forschungen (beispielsweise im Bereich der Syntax) aufschlussreich sein können, fand zwischen April und Juli 2018 eine Digitalisierung der 302 vorhandenen Aufnahmen aus den Jahren 1963-1964 statt, die auf Tonbandkopien vorliegen. Gemeinsam mit dem Multimediazentrum der FSU (Tino Tschiesche, Heiko Röben) wurden die 99 Bänder digitalisiert und können so der wissenschaftlichen Community für zahlreiche dialektologische Fragestellungen zur Verfügung gestellt werden.
Flurnamen und Regionalgeschichte
Das Citizen-Science-Projekt „Flurnamen und Regionalgeschichte“ ist angesiedelt beim Heimatbund Thüringen und wurde 1999 begründet. Durch Regionaltagungen und andere Aktivitäten wurden bereits über 300 interessierte HeimatforscherInnen motiviert, die Flurnamen ihrer Heimat zu sammeln und sie nach vorgegebenen Kriterien zusammenzustellen. Im Jahr 2005 habe ich die fachkundliche Betreuung des Projektes übernommen. Ziel des Projektes ist eine flächendeckende Erfassung der Flurnamen in Thüringen. Dies wäre zugleich die Grundlage für eine wissenschaftliche Bearbeitung des gesammelten Materials an der FSU Jena. Die wesentliche Besonderheit und Einmaligkeit des Projektes in Deutschland liegt in der engen Zusammenarbeit von ehrenamtlichen SammlerInnen und Wissenschaft.
Digitalisierung und Aufbereitung des Thüringischen Flurnamenarchivs
Das Thüringische Flurnamenarchiv umfasst ca. 150.000 Flurnamenbelege in Zettelkastenform. Dadurch ist es weder für die universitäre Forschung noch für die interessierte Öffentlichkeit nutzbar. Um diesem Missstand abzuhelfen, wurde bereits eine Datenbank entwickelt, in welche ca. 30.000 Belege durch manuelle Transkription aufgenommen wurden. Mithilfe der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek und Unterstützung des Thüringer Landesamts für Vermessung und Geoinformation soll nun eine Digitalisierung des Archivs erfolgen, die die vorhandenen Belege mit Geodaten verknüpft und das Material in Collection@UrMEL zur Verfügung stellt. Hinzu kommen Belege aus Abschlussarbeiten, die an der Professur für Geschichte der deutschen Sprache betreut wurden, aus dem von mir wissenschaftlich begleiteten Projekt „Flurnamen und Regionalgeschichte“ (vgl. oben) sowie aus von mir durchgeführten Projektseminaren. Alle Daten sollen georeferenziert in einer Datenbank zusammengefügt und über ein Thüringer Flurnamenportal für Forschung und Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden. Das Projekt wird von der Thüringer Staatskanzlei gefördert.
Portal: http://projekte.thulb.uni-jena.de/flurnamen/projekt.html
Vergleichende deutsch-georgische Vornamenstudie
In einer 2016 durchgeführten kontrastiven Analyse der Namenmoden im deutsch-georgischen Vergleich wurde zeitgleich in Deutschland und Georgien eine Pilotstudie durchgeführt, in welcher die Benennungsmotive bei der Namenwahl analysiert wurden. Mittels Online- und Papierfragebögen wurden insgesamt 1.013 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer befragt, 617 Personen auf deutscher und 395 Personen auf georgischer Seite. Es wurden gesellschafts- und geschlechterspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Vergabe der Vornamen ebenso untersucht wie eine schichtenspezifische oder regionale Verteilung. Bedeutsame Unterschiede gab es bei den Benennungsmotiven Tradition und Verwandtschaft, Religion und Mode sowie Klang. Die Ergebnisse wurden im Herbst 2016 vorgestellt und werden voraussichtlich im Sommer 2020 publiziert.
Projekte in der Lehre
Mind the Gap – Karriere statt Barriere!
Die Wanderausstellung „Mind the Gap – Karriere statt Barriere!“ wurde im Rahmen eines Projektseminars an der FSU Jena im Wintersemester 2016/17 unter der Leitung von Dr. Andreas Christoph, Dr. André Karliczek, Dr. Michael Markert und mir gemeinsam mit Studierenden der FSU sowie der BU Weimar konzipiert und erarbeitet. Im Fokus der Ausstellung stehen die einzelnen Karriereschritte vom Studium bis zur Berufung, wobei vor allem geschlechterspezifische Barrieren im Wissenschaftssystem thematisiert werden. Die Ausstellung besteht aus Rollups für die einzelnen Karriereschritte und wird ergänzt um eine Webseite sowie ein Begleitheft. Während die Informationen auf den Tafeln nur sehr knapp und teilweise pointiert zugespitzt dargestellt werden, enthalten das Beiheft und die Homepage tiefergehende Informationen, Statistiken und Grafiken und stellen ausgewählte Maßnahmen der Thüringer Hochschulen vor, mit denen diese der „Leaky Pipeline“ begegnen. Die Ausstellung ist im Wechsel an den Thüringer Hochschulen zu sehen – zuletzt am 8. März 2018 an der FSU Jena bei der „Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“. Die Ausstellung wurde vom Thüringer Kompetenznetzwerk Gleichstellung mit 3.000€ gefördert.
Projektseminare zur Dokumentation und Analyse von Flurnamen
In den Jahren 2008, 2009, 2010 und 2014 bot ich Projektseminare zur Erfassung und Auswertung von Flurnamen an. In den ersten drei Jahren wurden verschiedene Regionen im Saale-Holzland-Kreis auf ihre Flurnamenlandschaft hin untersucht und die Studierenden lernten alle für eine solche Untersuchung notwendigen Arbeitsschritte kennen – sie erhoben die Namen und deren historische Belege in Archiven und Katasterämtern, führten bei den Einwohnern der Orte Befragungen durch, um die mundartlichen Lautungen der Namen und ihre heutige Kenntnis aufzuzeichnen, begaben sich auf die Realprobe, um die Geländegegebenheiten zu erfassen, und analysierten auf der Basis all dieser Daten die Namen linguistisch. Nach Abschluss der Arbeiten wurden die studentischen Forschungen in den untersuchten Gemeinden der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Im Rahmen der Projekte von 2008-2009 entstand zudem eine Publikation zu den „Flurnamen im Reinstädter Grund“ (2010), die von der Sparkassenstiftung mit 1.000 € gefördert wurde.
Im Seminar von 2014 erfassten die Studierenden Stätten früheren Flachsanbaus und ehemaliger Flachsverarbeitung anhand darauf hinweisender Flurnamen, die sich bis heute in Karten, Urkunden und Katastern finden. Diese kulturgeschichtlich motivierten Onyme wurden analysiert und kartografisch aufbereitet. Der Fokus lag auf dem Gebiet des Freistaates Thüringen. Im Projektseminar erfolgte eine Zusammenarbeit mit der codematix GmbH, wo ein Kurs zum Thema „GIS-Spezialanwendungen“ Übersichtskarten zur früheren Verbreitung des Flachsanbaus und der Flachsbearbeitung auf der Basis der Daten erarbeitete, die die Studierenden erhoben und zusammenstellten. Die Ergebnisse dieses Seminars flossen in meinen Aufsatz „Flachsanbau und -verarbeitung im Spiegel thüringischer Flurnamen. Untersuchungen im Rahmen eines Projektseminars“ im Sammelband „Namen und Kulturlandschaften“ (2015) ein.