
Meldung vom: | Verfasser/in: I. Winkler
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Was können angehende Deutsch-Lehrpersonen in Deutschland und Finnisch-Lehrpersonen in Finnland voneinander lernen? Präsentation von Forschungsergebnissen auf der NoFa X in Odense
Gemeinsam mit Prof. Sara Routarinne (Fachdidaktik Finnisch, Universität Turku, Finnland) hat Prof. Iris Winkler (Fachdidaktik Deutsch) Anfang Mai Ergebnisse einer deutsch-finnischen Lehrkooperation auf der NoFa X, der 10. Tagung der Nordischen Fachdidaktiken, an der Süddänischen Universität (SDU) in Odense präsentiert. Titel des Vortrags war “The ideal writer in Finnish and German textbooks for L1 classes in upper secondary school. A pilot-study with pre-service teachers”.
Im vergangenen Wintersemester 2024/25 hatten die beiden Professorinnen gemeinsam mit ihren Studierenden Praktiken des landessprachlichen Schreibunterrichts in Finnland und Deutschland verglichen. Beteiligt waren ein deutschdidaktisches Staatsexamensseminar aus Jena und ein Masterseminar der Fachdidaktik Finnisch in Turku. Ziel der Kooperation war, gewohnte Herangehensweisen an L1-Unterricht mit fremden Augen zu sehen, Handlungsalternativen kennenzulernen und interkulturelle Kompetenzen auszubauen. In zwei gemeinsamen Videositzungen fanden der Austausch zwischen den Gruppen und die Diskussion von Ergebnissen statt.
Wie die Auswertung der Studierenden-Feedbacks zeigt, haben die angehenden L1-Lehrpersonen beider Länder die Lehrkooperation generell als nützliche Lerngelegenheit erlebt. Wahrgenommen wurden nicht nur Unterschiede zwischen beiden Kulturen des Schreibunterrichts, sondern die wahrgenommenen Unterschiede führten auch zu einer kritischen Reflexion vorgefundener Lehrbucheinheiten und -aufgaben und zu einem Nachdenken über Handlungsalternativen. Deutlich wird dies beispielsweise in folgendem Feedback einer deutschen Studentin:
„Solche länderübergreifenden Austausche sind unglaublich wertvoll. Sie zeigen uns, dass wir voneinander lernen können und dass es nicht die eine richtige Herangehensweise gibt. Der Einblick in die finnische Praxis hat mich motiviert, mehr Offenheit in den Unterricht zu bringen und stärker darüber nachzudenken, wie Lernende individuell unterstützt werden können, ihre Stimme zu finden. Diese Inspiration nehme ich mit und hoffe, dass der Austausch von Ideen und Ansätzen in der Zukunft noch intensiver und selbstverständlicher wird.“
Deutlich wurde aber auch, dass eine Lehrkooperation wie diese zeitintensiv ist und gut in den jeweiligen Lehrkontext eingebettet werden muss. Ein Großteil der deutschen Studierenden hätte sich mehr Zeit für die Kooperation gewünscht, während die finnischen Studierenden vor allem eine stärkere Verknüpfung mit anderen Studienaufgaben begrüßt hätten.
Die im Zusammenhang der Lehrkooperation durchgeführte Lehrwerksanalyse erbrachte Parallelen, aber auch Differenzen zwischen dem „ideal writer“ – also der in die Lehrwerke eingeschriebenen Vorstellung von den Lernenden – in Deutschland und Finnland. Beispielsweise spielt in den finnischen Lehrwerken anders als in deutschen die persönliche Stimme („personal voice“) der Lernenden beim Schreiben eine bedeutende Rolle.
Die vergleichende Lehrbuchanalyse wird gegenwärtig vertieft. Hierzu hat eine Jenaer Studentin inspiriert durch das Seminar eine Staatsexamensarbeit übernommen. Die Lehrkooperation soll auf Basis der in der Pilot-Studie gemachten Erfahrungen wiederholt werden. Eine Publikation ist in Vorbereitung. Ein Besuch von Sara Routarinne in Jena im Juni und ein zweimonatiger Aufenthalt von Iris Winkler in Turku im Herbst ermöglichen den Ausbau der Zusammenarbeit.
Haben auch Sie Interesse an einer internationalen Lehrkooperation? Dann schreiben Sie uns gerne unter ideas@uni-jena.de .