Ausflüge
Upper Peninsula und Niagara-Fälle in fünf Tagen
(Lisa Gersdorf)
In den USA gab es zwei Dinge, die ich unbedingt sehen wollte: einen Canyon und die Niagara-Fälle. Ich hatte das Glück, dass wir zu zweit in den USA waren und wir alle Ausflüge gemeinsam machten. Nachdem uns beiden die Yellow-Stones doch etwas zu weit von Mount Pleasant, entfernt lagen, entschieden wir uns, die Canyon Falls auf der Upper Peninsula von Michigan anzusehen und danach zu den Niagarafällen zu reisen. Wir haben es nicht bereut.
Wir mieteten uns für sechs Tage ein Auto in Mount Pleasant und rollten an einem sonnigen Tag los Richtung Norden. Auf die Upper Peninsula – die UP, wie sie von den Michigandern nur genannt wird – fährt von Mount Pleasant aus, auch ein Bus bis nach St. Ignace und auch auf der oberen Halbinsel fahren ein paar Busse von Indian Trails, aber wir wollten diesmal nicht darauf angewiesen sein. Ob wir nicht eine Versicherung wollten, fragte der Mann bei der Autovermietung, das Risiko für Wildunfälle sei für Unerfahrene auf der UP sehr hoch. Ich war dafür, aber nur Beifahrerin. Mein Chauffeur kommt immerhin aus einem kleinen Dorf im Thüringer Wald und kennt sich mit Wild auf Straßen aus – damit gibt er zumindest immer an. „Wir sehen sowieso keines,“ meinte er. Ich wettete mit mir selbst dagegen, aber wir nahmen keine Autoversicherung.
Wir fuhren also über die kahle untere Halbinsel, dann über die Makinac Bridge an der Engstelle des Lake Michigan und Lake Huron und landeten schließlich auf der dicht bewaldeten UP. Beinahe endlos fuhren wir immer geradeaus an der Küste des Lake Michigan entlang – links der riesige See, rechts immer nur Bäume. Am liebsten wäre ich direkt ausgestiegen und dort geblieben. Am späten Nachmittag überschritten wir die Zeitgrenze Richtung Westen und waren nun nahe an der Grenze zu Wisconsin. In Iron River blieben wir in einem kleinen Hostel an einem See.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf in Richtung Canyon Falls – immer die Wälder im Blick, falls doch Wild herausspringt. Nachdem wir wieder die Zeitgrenze überschritten hatten, gelangten wir nach ca. 45 Minuten Autofahrt in Canyon Falls an. Es war noch zeitig, aber es waren schon einige Menschen unterwegs. Wir machten uns auf den gut ausgeschilderten Wanderweg und genossen jede Minute des sonnig-warmen Tages. Wir sahen den Wasserfall und den Canyon, beobachteten kleine Schlangen und unterhielten uns mit anderen Wanderern. Auf dem Rückweg nach Iron River ließen wir noch einer Truthahnfamilie den Vortritt, die plötzlich über die Straße wollte. Von wegen, wir treffen keine Tiere!
Am dritten Morgen fuhren wir schon wieder zurück nach Mount Pleasant, und gerade als wir vom Hof des Hostels abfuhren, begegneten wir einer Rehkuh mit ihrem Kitz. Ich hatte die mit mir selbst geschlossene Wette also zweimal gewonnen.
Kurz bevor wir von der UP Abschied nahmen, aßen wir noch Burger in einem typisch amerikanischen Restaurant. Mein Burger sollte „The Best Cheeseburger on the Planet“ sein – und ich hatte wirklich nie einen besseren. In Mount Pleasant blieben wir für die Nacht.
Am vierten sonnigen Tag – wir hatten immer noch Glück mit dem Wetter – machten wir uns auf Richtung Osten. Wegen der Pandemie war die Grenze zu Kanada noch geschlossen, sodass wir um den Lake Erie von Süden herumfahren mussten. Statt fünf Stunden also acht Stunden Autofahrt. Es wurden zehn. Wir kamen aber gut in Niagara Falls an und überlegten, noch am gleichen Abend zu den berühmten Wasserfällen zu gehen, ließen es am Ende jedoch bleiben.
Ein fünfter, jetzt schon schwüler Tag, begann. Wir checkten so früh wie möglich aus und fuhren zehn Minuten mit dem Auto Richtung Wasserfälle. Wir parkten etwas außerhalb – gebührenfrei – direkt am noch ganz ruhigen Niagara River auf dem gerade eine Entenfamilie schwamm. Mit jedem Meter am Fluss entlang, wurde dieser schneller, lauter, reißender. Wir erreichten den Eingang zum Nationalpark und sahen uns die Wasserfälle und das Museum genau an. Natürlich waren bereits viele Leute dort und ich will nicht wissen, wie es erst am Nachmittag war. Bis wir zum Geländer eines jeden Aussichtspunktes kamen, beobachtete ich die anderen Tourist*innen und wie sie versuchten, sich vor den Niagarafällen in Szene zu setzen. Manchen half ich, indem ich für sie die Fotos von ihnen schoss. Wir inspizierten das Museum und gingen in jeden einzelnen der Souvenirs-Shop, auch wenn alle das gleiche verkauften – bloß nichts verpassen!
Nach drei Stunden waren wir der Meinung, alles gesehen zu haben und fuhren wieder zurück nach Mount Pleasant. Auf der Hälfte der Strecke hielten wir in Erie und aßen je eines der berühmten Sandwiches von Primanti Bros – das heißt, ich aß dort die eine Hälfte und die zweite Hälfte am nächsten Tag. Zwei Fliegen mit einer Klappe!
Pittsburgh: ein verlorenes NFL-Spiel und doch ein gewonnener Tag
(Max Gräßner)
Der Aufenthalt an der CMU erlaubte mir, mir einen Traum zu erfüllen, von dem ich vorher selbst nichts wusste. Ich bin seit nunmehr fast zehn Jahren sehr an American Football interessiert und unterstütze die Pittsburgh Steelers – den Grund dafür kann ich selbst gar nicht genau benennen. Wie dem auch sei, ich dachte, dass es keinerlei Möglichkeit für mich geben würde, einmal an Tickets zu gelangen. Dementsprechend habe ich auch gar nicht danach gesucht. Eines Abends schaute ich aus einer Laune heraus, und inspiriert vom Algorithmus einer gewissen Social Media-Plattform, doch nach und fand erschwingliche Karten. Zack – gekauft.
In den nächsten vier Monaten galt es lediglich noch die Feinheiten zu klären: Wie kommen wir nach Pittsburgh? Verbringen wir dort eine oder doch zwei Nächte? Da im Vergleich zum amerikanischen öffentlichen Nah- und Fernverkehr die Deutsche Bahn wie ein Schweizer Uhrwerk anmutet, wurde ein Auto gemietet. Das bedeutete aber auch, dass eine achtstündige Autofahrt, eine Strecke!, vor mir lag. Das Spiel war für Sonntag um 13 Uhr angesetzt und da ich am Montag unterrichten musste, war nach dem Spiel direkt noch die Rückfahrt angesagt.
So verließen wir am Samstagmorgen Mount Pleasant und durchquerten das flache Michigan, Ohio und Pennsylvania und erreichten am frühen Abend Pittsburgh, das in den Ausläufen der Appalachen liegt. Dort verbrachten wir die Nacht in einem Motel etwas außerhalb der Stadt. Am nächsten Morgen wurde das Trikot übergestreift, sich ins Auto gesetzt und die Suche nach einem erschwinglichen Parkplatz in Downtown Pittsburgh begann – letztendlich mit Erfolg. Da noch Zeit war, ehe die Tore des Heinz Field, dem Heimstadion der Pittsburgh Steelers, geöffnet wurden, genossen wir bei angenehmen 20 Grad Celsius die Innenstadt von Pittsburgh – das Highlight war der Point State Park Fountain am Zusammenfluss von Ohio River, Allegheny River und Monogahela River inklusive Blick aufs Stadion. Die ganze Stadt war bereits in schwarz-goldene Trikots gehüllt und dann ging es auch endlich los.
Nach einem längeren Trip in den Fanshop und zu den Verpflegungsständen waren wir auf den Plätzen und erwarteten den Kick Off. Frei nach deutscher Pünktlichkeit waren wir natürlich viel zu zeitig da und genossen den Ausblick über das Stadion mit Blick auf die Flüsse. Das Stadion füllte sich erst langsam und dann immer schneller. Nur einzelne orange-schwarze Punkte, die Farben des gegnerischen Teams der Cincinnati Bengals, leuchteten aus der Menge. Und dann setzte sich einer von Ihnen direkt vor mich. „Na, der wird’s heute nicht leicht haben in diesen Massen,“ dachte ich. Immerhin ist es nicht nur ein Heimspiel für die Pittsburgh Steelers, sondern auch noch ein Rivalry Game (beim Fußball würde man das „Derby“ nennen). Prompt wurde der arme Kerl von allen Seiten angesprochen. Aber wer zuletzt lacht: Das Spiel, zumindest des Heimteams, war zwar grausig, die Stimmung dennoch wunderbar. Die Steelers verloren deutlich, aber nun können wir behaupten, dass wir einen Super Bowl-Teilnehmer live gesehen haben, da es die Cincinnati Bengals in der Saison bis ins Endspiel schafften. Und immerhin: Den einzigen Touch Down der Pittburgh Steelers habe ich gefilmt.
Spielende bedeutete aber auch, dass nun erneut acht Stunden Fahrt vor uns lagen – ein Katzensprung in den USA. Erst einmal aber standen wir im Parkhaus eine Stunde im Stau. Danach schließlich ging es zurück nach Mount Pleasant.