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Adel und Königtum im Partherreich
Bearbeiter: PD Dr. Udo Hartmann
Zusammenarbeit: Prof. Dr. Sabine Müller (Marburg)
In dieser Untersuchung, die aus einem Kieler DFG-Projekt hervorgegangen ist, wird zum ersten Mal systematisch das Verhältnis von arsakidischem Königtum und parthischem Adel untersucht. In der Forschung wird das Partherreich zumeist als instabiles Großreich verstanden, in dem Adel und Königtum in einem ständigen Konflikt lagen. Die detaillierte Analyse der Zeugnisse gestattet jedoch eine differenziertere Bewertung der Rolle des parthischen Adels: Er war vor allem eine Machtstütze des über vier Jahrhunderte bestehenden Großreiches, auch wenn Teile des Adels immer wieder versuchten, in Krisensituationen ihre Macht auszubauen. Die Untersuchung betrachtet die Zusammensetzung und die Strukturen des Adels, die Aufgaben der Adligen in Heer und Verwaltung sowie ihre Rolle in den inneren Konflikten im Partherreich und in den Beziehungen zu Rom.
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Antike Quellen zum Kaukasus (1.–4. Jhd. n. Chr.)
Prof. Dr. Levan Gordeziani, Dr. Giorgi Ugulava, Maia Daniela (Iv. Javakhishvili Tbilisi State University), PD Dr. Frank Schleicher (FSU-Jena)
Gefördert durch die: Shota Rustaveli National Science Foundation of Georgia
Laufzeit: April 2022 bis März 204
Das Projekt Antike Quellen zum Kaukasus (1.–4. Jhd. n. Chr.) umfasst das Studium der griechisch-römischen und orientalischen Quellen der ersten vier Jahrhunderte n. Chr. sowie deren Klassifizierung und Analyse im kulturellen und politischen Kontext. Diese Epoche wurde von der georgischen Wissenschaft bisher nur oberflächlich untersucht und die meisten georgischen wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema behandeln die Quellen nur aus der Innenperspektive heraus. Die globalen und regionalen politischen Prozesse wurden bisher weitgehend außer Acht gelassen. Um diesen Mangel zu beheben und die Perspektive unserer Forschung zu erweitern, wird mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena kooperiert, die überregional bedeutend in der Erforschung der Kaukasusregion ist. Hier wird die Kaukasusregion aus einer pankaukasischen Perspektive heraus untersucht, von der das Forschungsprojekt in hohem Maße profitieren wird. Denn weder die georgische, noch die armenische oder aserbaidschanische Forschung haben sich bisher unter Aspekten der geopolitischen Kontexte mit Quellen aus Albanien und Armenien befasst.
Für den Erfolg dieses Vorhabens ist es unerlässlich, dass alle schriftlichen Quellen – die georgischen, armenischen, albanischen, arabischen, persischen und die griechisch-römischen – sorgfältig ausgewertet, ihre Aussagen zusammengeführt und in einen globalen Kontext eingeordnet werden. Dies sowohl aus der Innen- als auch aus der Außenperspektive heraus. Dieser globale Kontext ist die fortwährende Rivalität zwischen dem Imperium Romanum auf der einen und dem Imperium der Parther bzw. der diesen folgenden Sāsāniden auf der anderen Seite. Der Kaukasusraum spielte innerhalb dieses Konfliktes eine zentrale Rolle als Puffer- und Grenzzone. Da sich diese Funktionen bis in die heutige Politik fortsetzen, können die in diesem Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnisse auch als Grundlagen für das Verständnis moderner Strukturen dienen.
Die lokalen kaukasischen Staaten entwickelten unter dem Eindruck dieses Konfliktes eigene und unterschiedliche Identitäten. Das Projekt soll es der georgischen Forschung ermöglichen, diese Identitäten zu erkennen und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede besser zu verstehen. Auch die westliche Forschung wird stark von den Ergebnissen des Projektes profitieren. Trotz der Tatsache, dass die westliche Forschung die antiken Quellen intensiv erforscht hat, gibt es keine umfassende Studie, die sich mit der historischen Vergangenheit des Kaukasus in diesem Zeitraum befasst. Die Studie ist ferner relevant, weil sie sich auf eine Zeit konzentriert, in der sich die politische und kulturelle Identität der kaukasischen Staaten und vor allem die der kartwelischen Königreiche herausbildete. Dieser Zeitraum behält bis heute seine Bedeutung für den gesamten kaukasischen Raum bei, besonders aber für Georgien. Die Merkmale der in dieser Periode geschaffenen Identität sind immer noch paradigmatisch für das geopolitische und geokulturelle Funktionieren des georgischen Staates.
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Das Reich der Arsakiden. Geschichte, Strukturen und Kultur der Parther
Bearbeiter: PD Dr. Udo Hartmann
In dieser Monographie soll in der neuen Reihe „Reiche der Alten Welt – Völker, Länder, Dynastien“ des Kohlhammer-Verlages eine aktuelle Überblicksdarstellung zum Partherreich vorgelegt werden, die sowohl die Ereignisgeschichte als auch die Strukturen des Reiches, die Gesellschaft und die Kultur erschließt und zugleich einen schnellen Zugriff auf den aktuellen Forschungsstand ermöglicht.
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Die Hunnen. Ein eurasisches Phänomen
Bearbeiter: Prof. Dr. Timo Stickler
Die Erforschung der Geschichte der Hunnen ist sehr dynamisch und hat gerade in den zurückliegenden Jahren zahlreiche neue Impulse erfahren. Seit der knappen Zusammenfassung des Forschungsstandes in dem „Beck Wissen“-Buch von 2007 hat sich vor allem auf dem Feld der zentralasiatischen und indischen Hunnen viel getan. Mit dem Sourcebook von Dániel Balogh (an dem der Jenaer Lehrstuhl für Alte Geschichte mitgearbeitet hat) liegt nun die gesamte Quellengrundlage übersichtlich vor, auch für Regionen (China, Indien, Zentralasien), die früher in der Hunnenforschung unterrepräsentiert waren. Damit ist es jetzt möglich und damit auch an der Zeit, das Hunnenphänomen als gesamteurasisches Phänomen zu beschreiben. Die für die neue Reihe „Reiche der Alten Welt – Völker, Länder, Dynastien“ (Kohlhammer-Verlag, Stuttgart) geplante Monographie soll – ungeachtet der immer noch wichtigen Geschichte des Attilareiches – den Fokus konsequenter auf den Osten richten und dabei aktuellen Forschungsimpulsen, die von der Geschichte der Imperien und ihrer Peripherien, von der Globalisierungsgeschichte und von der Migrationsgeschichte ausgehen, Rechnung tragen.
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Forschungen zum antiken Kaukasus
Bearbeiter: Prof. Dr. Timo Stickler
Die Friedrich-Schiller-Universität Jena und die Staatliche Ivane-Javakhishvili-Universität Tbilisi unterhalten seit den 1960er Jahren enge Beziehungen zueinander. Gerade in jüngster Zeit hat die Kooperation zwischen den altertumswissenschaftlichen Fächern beider Universitäten einen erfreulichen Aufschwung genommen, der in der Lehre (Abhaltung von Winterschulen, Studentenaustausch) und der Forschung (DFG-Projekt „Iberien in der Spätantike“, Sammelband „Iberien zwischen Rom und Iran“, Grabungsprojekt in Lesale/Georgien) zu erfreulichen Resultaten geführt hat. Die daraus hervorgegangenen Publikationen sollen die Grundlage für eine Gesamtdarstellung der Geschichte des südlichen Kaukasus in der Antike schaffen.
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Forschungen zur spätantiken Geschichtsschreibung
Bearbeiter: Prof Dr. Timo Stickler
In den vergangenen Jahren entstanden zahlreiche Aufsätze zu spätantiken Autoren wie Olympiodor von Theben, Prokop von Kaisareia und dem Verfasser der Historia Augusta. Sie tragen dazu bei, die Grundlage für einen umfassenden Kommentar zu den Historikoi logoi Olympiodors zu schaffen, der in der Reihe „Kleine und fragmentarische Historiker der Spätantike (KFHist)“ (Verlag Ferdinand-Schöningh, Paderborn) geplant ist.
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Imperia sine fine?
Der römisch-parthische Grenzraum als Konflikt- und Kontaktzone vom späten 1. bis zum frühen 3. Jh. n. Chr.
Bearbeiter: PD Dr. Frank Schleicher
Die Außengrenze Roms im Nahen Osten hat in der Vergangenheit vielfach die Aufmerksamkeit der Forschung erregt. Dabei war die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Thema vor allem von drei Aspekten geprägt: Erstens, stand der militärische Aspekt klar im Fokus; zweitens wurde das Thema nahezu ausschließlich aus römischer Perspektive betrachtet; drittens lag der Forschungsschwerpunkt zeitlich eindeutig auf der Spätantike. Vor diesem Hintergrund setzt sich das Projekt zum Ziel, den Grenzraum im Nahen Osten in der Periode von Vespasian bzw. Vologeses I. um 70 bis zu Severus Alexander bzw. dem Untergang der Arsakidenmonarchie um 230 n.Chr. in systematischer Form zu untersuchen. Die zeitliche Begrenzung bietet sich an, da es sich um eine historisch in sich geschlossene Epoche handelt. Dabei sollen aus lokaler Perspektive neben der Grenzsicherung der Imperien vor allem die politischen, kulturellen, wirtschaftlichen Veränderungen in der durch das Aufeinandertreffen zweier Imperien zum Grenzraum gewordenen Region zwischen dem Zagros-Gebirge und dem Mittelmeer analysiert werden. Die Untersuchung soll aufzeigen, dass die Region mehr durch friedliche Kontakte geprägt wurde als durch die häufig behandelten Konflikte zwischen den Imperien. Der Grenzraum soll konsequent aus unterschiedlichen Perspektiven als eine in vielerlei Hinsicht eigenständige Zone des Austauschs, des Handels, der Kulturkontakte und der politischen Beziehungen lokaler und regionaler Akteure betrachtet und dargestellt werden. In Zusammenarbeit mit der interdiziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppe aus Jenaer und auswärtigen Experten werden die unterschiedlichen Quellengattungen, die griechisch-lateinische Überlieferung, die orientalischen literarischen Traditionen aus dem syrisch-mesopotamischen Kulturraum und dem Iran, die dokumentarischen Quellen sowie die archäologischen Zeugnisse zu den militärischen Anlagen und den nahöstlichen Kulturzentren im Grenzraum ausgewertet.Dabei sollen die einzelnen Schritte der Untersuchung zwei gegenläufige Aspekte aufdecken: Zum einen prägten die beiden Großreiche im Untersuchungszeitraum ihre Peripherien durch machtpolitische, rechtliche und militärische Parameter, zum anderen wurde der Raum beiderseits des Grenzverlaufs von lokalen und regionalen Kräften als ein zusammengehöriger Kulturkreis sui generis gestaltet. Die Kräfte des Zentrums und diejenigen der Peripherie waren nicht stets auf das gleiche Ziel ausgerichtet, doch übten sie maßgebende Einflüsse auf die Grenzregion aus. Die wechselseitige Interaktion dieser beiden Faktoren systematisch zu untersuchen, verspricht ein tieferes Verständnis sowohl der Lokalgeschichte als auch der großen historischen Entwicklungen.
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Pompeius
Bearbeiter: Prof. Dr. Timo Stickler
In einer Monographie soll eine aktuelle Überblicksdarstellung zum Leben des berühmten Triumvirn vorgelegt werden, die sowohl die Ereignisgeschichte als auch die Strukturprobleme der späten römischen Republik erschließt und zugleich einen schnellen Zugriff auf den aktuellen Forschungsstand ermöglicht.
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Untersuchungen zur georgischen Festung Lesale
Bearbeiterin: apl. Prof. Dr. Annegret Plontke-Lüning
Der Lehrstuhl für Alte Geschichte hat Mittel der Gerda-Henkel-Stiftung für ein historisch-archäologisches Projekt in Georgien erhalten. Anliegen des Projektes ist die landschaftsarchäologische Untersuchung der Region Jgali-Lesale in der Nordwestkolchis, die in der historisch-archäologischen Forschung bislang vollkommen übersehen worden ist. Die Region mit einer außergewöhnlich großen, noch nicht untersuchten Festung spätantikfrühbyzantinischer Zeitstellung sowie einer - anhand von Zufallsfunden zu vermutenden - Nekropole des 8. Jhs. v. Chr. bis zum 3./4. Jh. n. Chr. muß eine Schnittstelle am Weg von der Schwarzmeerküste über den Kaukasus in die nordkaukasischen Steppen gewesen sein. Durch gezielte archäologische Untersuchungen sollen Festung und Nekropole genauer bestimmt sowie die Entwicklung der Region durch einen landschaftsarchäologischen Survey erfaßt werden. In einer Kampagne im Spätsommer 2019 werden die Fragestellungen nun konkretisiert, um, auf diesen Ergebnissen aufbauend, ein größeres Projekt in Angriff nehmen zu können.
Die Arbeiten sind geplant in Kooperation mit den Instituten für Geschichte und für Archäologie der Tbilisi State University, der langjährigen Partneruniversität. Seitens der Jenaer Universität wird der Lehrstuhl für Geoinformatik des Instituts für Geographie am Projekt beteiligt sein.
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Vasallenherrschaft im Sāsānidischen Commonwealth
Bearbeiter: PD Dr. Frank Schleicher
Die persönliche Bindung von Vasallenherrschern an ein imperiales Zentrum war im Reich der Sāsāniden eine effiziente Methode der Herrschaftsausübung. Weitgehend selbstständig erfüllten die Vasallen vom 3. bis ins 5. Jahrhundert wichtige Funktionen für das Imperium (Grenzsicherung, Steuererhebung, Verwaltung). Erst mit Reformen des 5. und 6. Jahrhunderts wurden in der späteren Phase der sāsānidischen Herrschaft die wirtschaftlichen und militärischen Voraussetzungen geschaffen, flächendeckend direkte Herrschaft zu etablieren. Nun begann eine Entwicklung, in deren Folge zahlreiche der traditionellen Vasallenherrscher durch sāsānidische Beamte ersetzt wurden. Die Könige der Könige überschätzten aber die Möglichkeiten ihres Imperiums, das die Funktionen der Vasallen dauerhaft zu übernehmen nicht in der Lage war. Es begann eine Desintegration des Reiches, die letztlich zum Untergang der sāsānidischen Herrschaft beitrug.
Das Projekt Vasallenherrschaft im Sāsānidischen Commonwealth hat folgenden Untersuchungsgenstand: das Konzept der Vasallenherrschaft innerhalb des sāsānidischen Herrschaftsraumes für die Zeit von Beginn der Rebellion Ardašīrs I. (211/12) bis zum Jahr 602, in dem eine neue Phase der imperialen Politik begann.
Erstens wird betrachtet, wie die Sāsāniden mit den zum Teil von ihren Vorgängern, den Arsakiden, übernommenen Vasallenherrschern umgingen und in welcher Weise die Strukturen des Sāsānidischen Commonwealth von denen ihrer Vorgänger geprägt waren. Zweitens wird untersucht, aus welchen Gründen das System der Vasallenherrschaft von den Sāsāniden seit dem 5. Jahrhundert in vielen Gebieten (Armenien, Arabien) aufgegeben und durch die aufwendige direkte Herrschaft ersetzt wurde. Drittens blickt die Untersuchung von der Peripherie zum Zentrum und fragt nach den politischen Rahmenbedingungen und den Handlungsspielräumen der Vasallenherrscher.
Die Vasallenherrschaft soll auf diese Weise als Baustein des sāsānidischen ‚Sozialgefüges‘ beschrieben werden, der eine umfassende administrative, kulturelle und religiöse Beeinflussung der peripheren Regionen durch das imperiale Zentrum bewirkte. Dabei wird sich die Studie auf vier Schlüsselregionen des Commonwealth konzentrieren, zu denen zahlreiche Quellen vorliegen und die durch die aktuelle Forschung jeweils gut erschlossen sind. Auf diese Weise werden beispielhaft die grundlegenden Strukturen und Funktionen der sāsānidischen Vasallenherrschaft herausgearbeitet und beschrieben.
Am Schluss des Forschungsprojektes soll ein Modell stehen, das die Strukturen der indirekten Herrschaftsausübung der sāsānidischen Herrscher in ihrer Gesamtheit zu beschreiben in der Lage ist. Neben Unterschieden und Gemeinsamkeiten verschiedener Regionen werden besonders die Vorgehensweisen der einzelnen sāsānidischen Herrscher in den Blick genommen. Das so konzipierte Modell soll Grundlage für die weitere Erforschung der Vasallenherrschaft sein und den Vergleich mit weiteren antiken Imperien (Rom, Arsakiden) ermöglichen.
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Überregionale Heiligtümer als Knotenpunkte aristokratischer Aktivität in der archaischen Zeit
Während der archaischen Zeit kann im gesamten griechischen Kernland der monumentale Ausbau und die Erweiterung vieler Heiligtümer bzw. sogar die Entstehung neuer Heiligtümer beobachtet werden. Wer für diesen Ausbau verantwortlich ist, wurde bisher nicht umfassend erforscht. Vor dem Hintergrund aktueller Überlegungen (u. a. Jan B. Meister, ‚Adel‘ und gesellschaftliche Differenzierung im archaischen und frühklassischen Griechenland, Stuttgart 2020) zur archaischen Gesellschaft scheint es angebracht, dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Dabei wird im Kleinen begonnen: Korinth und das nahegelegene, überregional bedeutsame Heiligtum in Isthmia dienen als Fallbeispiel. Schon die räumliche Nähe der beiden Orte macht klar, dass es einen engen Kontakt zwischen ihnen gegeben haben muss. Dass der Ausbau Isthmias aus Korinth gesteuert wurde, gilt in der Forschung als sicher. Wer genau sich hier aber aus welchen Gründen und mit welchem Einsatz bemühte, wurde bisher nicht eingehender untersucht und muss genauer hinterfragt werden. Damit verbunden ist auch ein Blick auf die Geschichte Korinths in der Archaik mit besonderem Augenmerk auf die Bakchiaden und die Kypseliden als besonders gut erforschte Repräsentanten der korinthischen Elite.
Zur besseren Einordnung des Befundes wird auch die nähere Umgebung – also die gesamte Korinthia – in die Studie einbezogen. Die Ebene zwischen Korinthischem Golf, Geraneiagebirge, Saronischem Golf, Oneion- und Arachnaiongebirge und den nordöstlichen Ausläufern des Kyllene- bzw. Oligyrtosgebirges, welche die Grenze zur restlichen Peloponnes darstellen, bildet aufgrund der naturräumlichen Grenzen ein ideales Untersuchungsgebiet. Auf Korinth, Isthmia und einige kleinere Siedlungen in diesem Gebiet liegt dabei der Schwerpunkt der Studie. Die Nachbarn Korinths, wie z. B. Sikyon, Megara und Epidauros, müssen aber immer wieder berücksichtigt werden, um die Beziehungen der Poleis untereinander nachvollziehen zu können und dadurch die gesamte Region besser zu verstehen.
Im Kern ist die Arbeit somit ein Beitrag zur Geschichte Korinths in der Archaik. Anschließend wird geprüft werden müssen, inwiefern sich die Ergebnisse dieser Fallstudie auf andere archaische Poleis übertragen lassen, wodurch neue Impulse für die Erforschung der archaischen Gesellschaft insgesamt entstehen können.
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Zwischen Machtfaktor und Belastungsprobe. Die oströmischen Heermeister von Arcadius bis Anastasius I.
Während im 5. Jahrhundert im Westen des Römischen Reiches mächtige Heermeister wie Stilicho, Constantius, Aëtius und Rikimer die Geschicke maßgeblich bestimmten, ist eine solche Entwicklung im oströmischen Reichsteil nicht zu erkennen. Es gelang den oströmischen Kaisern und anderen zivilen Autoritäten durch die Einrichtung effizienter struktureller und institutioneller Mechanismen, ihr Militär zu kontrollieren und dessen Einfluss außerhalb des Aufgabenbereichs der militärischen Führung zu begrenzen. Nur wenigen Heermeistern wie z. B. Aspar gelang es, dieses System kurzzeitig zu überwinden.
Die Dissertation wird sich diesem Phänomen widmen und dabei den besonderen Charakter des oströmischen Heermeisteramtes aus den inneren strukturellen Faktoren des östlichen Reichsteils heraus erklären. Die Arbeit wird dabei ein umfassendes Bild des Heermeisteramtes im Allgemeinen herausarbeiten und gezielt die Handlungsspielräume der östlichen Heermeister untersuchen. Unter Berücksichtigung theoretischer Ansätze der Politikwissenschaften zum Verhältnis des zivilen zum militärischen Bereich wird zudem den Umständen und Methoden des oströmischen Kaisertums auf den Grund gegangen, die einem ‚übermächtigen‘ Heermeistertum vorbeugten.
Auf der Grundlage einer systematischen Analyse des politischen und militärischen Agierens aller Heermeister im Ostreich von Arcadius bis Anastasius I. soll erstmals umfassend die Rolle dieser Beamten im Machtgefüge des oströmischen Reiches analysiert werden. Darüber hinaus wird durch die Untersuchung der strukturellen und institutionellen Kontrollmechanismen ein tieferer Einblick in die Organisation und das Funktionieren des oströmischen Reiches gewonnen.
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Die Livius-Tradition
Nachdem Titus Livius zu Beginn der augusteischen Zeit mit der Arbeit an seinem Lebenswerk, der Ab urbe condita, begonnen hatte, ersetzte seine Darstellung schnell die Geschichtswerke der römischen Annalisten als Standardwerk zur republikanischen Zeit. Der gewaltige Umfang seines Opus (142 libri) machte es jedoch notwendig, der Öffentlichkeit verkürzte Formen seines Werks zur Verfügung zu stellen. Von der tiberischen Zeit bis tief in die Spätantike hinein entwickelte sich daher die Tendenz einer programmatischen Verkürzung der Ab urbe condita. Einige der Werke dieser sogenannten postlivianischen Autoren stehen uns im Gegensatz zum livianischen Original (hier sind lediglich die libri 1-10 sowie 21-45 erhalten) vollständig zur Verfügung.Hauptziel des Dissertationsprojektes ist nun die Erarbeitung eines theoretischen Fundaments für Rekonstruktionsversuche bedeutender Aspekte der libri amissi des Livius (z.B. Personenportraits mittel- und spätrepublikanischer Akteure). Zu diesem Zweck muss die Renarrationsmethodik der Autoren im "engeren Kreis" der Livius-Tradition einer genauen Analyse unterzogen werden, um Rückschlüsse auf ihren jeweiligen autonomen Umgang mit den historischen Informationssamples des Livius zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse soll danach an ausgewählten Beispielen demonstriert werden, inwieweit die Möglichkeit besteht, über die Werke postlivianischer Autoren auf verlorenes Material des livianischen opus magnum zuzugreifen. Autoren und Werke, die dabei in ihren direkten Vergleichsmöglichkeiten zur Ab urbe condita ausgewertet werden sollen, sind (in der mutmaßlichen chronologischen Reihenfolge) Florus, die Periochae, die Oxyrhynchia, Eutrop, Rufius Festus, Iulius Obsequens, Orosius und Cassiodor.
Für das gemeinsame Forschungsfeld ist die Beschäftigung mit den Autoren der Livius- Tradition deshalb von Interesse, weil sich hier die Autonomie heteronomer Texte aus einer gänzlich historisch-quellenkritischen Perspektive offenbart: Die historischen Informationen des Livius werden tradiert, reproduziert, aber eben auch kontaminiert. Es soll innerhalb der Dissertation also versucht werden, verlorenes Material des Prätextes über die erhaltenen Metatexte zu rekonstruieren
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Das Geschichtsdenken Eusebs von Caesarea in Texten zwischen Autonomie und Heteronomie
Euseb von Caesarea, der „Vater der Kirchengeschichte“, steht als zentrale Gestalt in einer Ära der Wende: Zu seinen Lebzeiten kam es zum Ende der Christenverfolgungen und der erste römische Kaiser wurde getauft. In literarischer Form verarbeitete Euseb die Ereignisse seiner Zeit sowohl historisch als auch theologisch. Die teils von ihm neugeschaffenen literarischen Genera entwickelten eine Wirkung, die Jahrhunderte andauern sollte: Seine Kirchengeschichte und seine Chronik wurden zu literarturgeschichtlichen Beispielen, an die eine Vielzahl von Nachfolgern anknüpfte. Als Historiker hat er mithin bleibenden Einfluss entfaltet. Zugleich darf man den Historiker Euseb nicht nur durch die Untersuchung seiner im klassischen Sinne als historisch eingeordneten Schriften zu verstehen versuchen. Sein historisches Denken spiegelt sich in allen seinen Werken wider; theologische, apologetische und exegetische Gedanken waren für ihn immer auch mit Geschichte verbunden.
Diese grundsätzliche Annahme liegt dem Dissertationsprojekt zugrunde. Gegenstand der Untersuchung ist Eusebs apologetisches Doppelwerk aus Praeparatio Evangelica und Demonstratio Evangelica, welches eine Art christliche Vorgeschichte darstellt, jedoch vornehmlich aus theologischer und patristischer Perspektive gelesen wird. Im Aufbau besteht die Schrift aus einer Vielzahl von Zitaten aus älterer Literatur, die herangezogen werden, um die Argumentation Eusebs zu illustrieren. Aufgrund dieser Struktur ist das Werk häufig als „Steinbruch“ verwendet worden, um Fragmente verlorengegangener Autoren zu extrahieren — Euseb selbst ist dabei als eigenständiger Schriftsteller häufig missachtet worden. Eine ideengeschichtlich geleitete Analyse der von Euseb herangezogenen Quellen – mit einer Konzentration zum einen auf die Abhängigkeit, die Heteronomie, in die sich der Autor bewusst stellt, zum anderen auf die Selbstständigkeit, die Autonomie, die er dabei entwickelt – verspricht eine bessere Einordnung der historischen Konzeptionen dieses wichtigen Schriftstellers.
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Iberien in der Spätantike
Ein Kleinstaat im Spannungsfeld zweier Imperien
Berabeiter: PD Dr. Frank Schleicher
Während aktuelle Forschungsarbeiten zur Spätantike die Beziehungen zwischen dem Römischen Reich und dem Perserreich sowie die Kontakt- und Konfliktzonen beider Imperien in Armenien, Mesopotamien und in den arabischen Steppenzonen intensiv in den Blick nehmen, steht der transkaukasische Raum zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer noch weitgehend im Schatten der Forschung. Diese Region war jedoch sowohl für den spätantiken römischen Kaiser als auch für die Sāsāniden ein wesentlicher Bezugspunkt in ihrer jeweiligen geostrategischen Ausrichtung gegenüber dem anderen Großreich: Als nördlicher Abschluß der Konfliktzone zwischen den Imperien besaß der Raum zum einen eine große Bedeutung in den politischen und militärischen Auseinandersetzungen, ihm kam zum anderen aber auch eine Schlüsselstellung bei der Sicherung der Grenzen beider Reiche gegenüber den nördlich des Kaukasus siedelnden Steppenvölkern (Hunnen, Alanen und Chasaren) zu.
Um die Bedeutung der transkaukasischen Region für die beiden spätantiken Großreiche und die Rückwirkungen dieser Lage auf die lokale Entwicklung zu untersuchen, soll die geplante Studie exemplarisch das vergleichsweise gut dokumentierte Königreich Iberien in den Blick nehmen, das jeweils in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einem der beiden Großreiche stand. Iberiens politische und kulturelle Entwicklung in der Spätantike, die in der bisherigen Forschung nur knapp bzw. unter weitgehend unkritischer Auswertung des Quellenmaterials aus westlichen und orientalischen Traditionen betrachtet wurde, soll dabei umfassend analysiert werden.
Die Geschichte Iberiens wird unter einer imperialen Perspektive zum einen als ein Fallbeispiel für die Stellung und Positionierung eines abhängigen Kleinstaates an den Grenzen des römischen bzw. persischen Reiches eingehend untersucht. Zum anderen werden unter einer lokalen Perspektive die Konsequenzen dieser geopolitischen Lage für die Entwicklung der staatlichen und sozialen Strukturen Iberiens, die Handlungsspielräume der iberischen Monarchen und die Festigung des lokalen Königtums gegenüber den Großreichen und dem iberischen Adel sowie die religiösen und kulturellen Beeinflussungen der Region durch die Imperien herausgearbeitet. Dabei wird auch die Bedeutung des Christentums bei der Formierung einer lokalen Identität betrachtet.
Schließlich wird unter einer dritten Perspektive die Bedeutung des Königreichs an der Kontaktzone zwischen den Steppennomaden und den Großreichen analysiert. In der Untersuchung sollen die unterschiedlichen Quellengattungen kritisch ausgewertet und in ihrer je eigenen Problematik betrachtet werden, um so zu einer neuen Gesamtwertung der Entwicklung Iberiens zwischen dem 3. und dem 7. Jahrhundert zu kommen und einen wichtigen Beitrag für die Rekonstruktion seiner Geschichte an der Schnittstelle zwischen Antike und Mittelalter zu leisten. Die Studie wird zugleich zum besseren Verständnis der Rolle abhängiger Staaten zwischen Rom und Persien in der Spätantike beitragen.
Im Rahmen des Projektes fand vom 07.07 bis zum 09.07.2016 ein Workshop statt, bei dem die führenden Spezialisten in Jena über ihre aktuellen Forschungen diskutierten. Die Ergebnisse des Workshops wurden 2019 in der Reihe Oriens et Occidens (Band 29) unter dem Titel Iberien zwischen Rom und Iran. Beiträge zur Geschichte und Kultur Transkaukasiens in der AntikeExterner Link veröffentlicht.
Die abschließende Monografie des Projektes Iberia CaucasicaExterner Link ist beim Kohlhammer-Verlag in der Serie "Forum historische Forschung Antike" erschienen.
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Honours-Programm 2020: Der armenische Eunuch Chrysaphius und seine zeitgenössische geschlechtsspezifische Betrachtung wie politische Bedeutung im oströmischen Reich
Bearbeiter: Marcel J. Paul (Studiengang: Geschichte, Deutsch, Latein (Lehramt Gymnasium))
Betreuer: Prof. Dr. Timo Stickler
Einer der wichtigsten politischen Akteure in Konstantinopel im 5. Jahrhundert war, sowohl durch sein Geschlecht als auch durch seine geographische Herkunft, ein deutlicher Außenseiter: Der armenische Eunuch Chrysaphius agierte zwar als einer der wichtigsten Strippenzieher am Hof Theodosius’ II. (408 – 450 n. Chr.), wurde aber aufgrund der Zugehörigkeit zum sogenannten »dritten Geschlecht«, seiner orientalischen Heimat und seiner wenig angesehenen Position als Oberkämmerer am Hof sozial ausgegrenzt; die zeitgenössischen Autoren gestalten von ihm ein durch und durch negatives Bild, das von Stereotypen durchzogen ist.
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, am Fall des Chrysaphius beispielhaft nachzuzeichnen, welche spezifischen Möglichkeiten Hofeunuchen besaßen und welche Mittel sie anwandten, um ihre Interessen durchzusetzen. Zugleich sollen Grenzen aufgezeigt werden, die ihren Machtausbau einschränkten. Darüber hinaus werden die Quellenbilder einer eingehenden geschlechtergeschichtlichen Untersuchung unterzogen, um so die Konstruktion von Stereotypen über Personen des "dritten Geschlechtes" zu verstehen.Weiterführende Informationen zum Honours-Programm
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Die Urbs aeterna und der "bessere Teil der Menschheit". Vom Herrschaftsantritt des Honorius bis zur Ermordung Valentinians III. (395–455)
Eine Untersuchung zur politischen und gesellschaftlichen Bedeutung der stadtrömischen Senatsaristokratie
Dr. Hendrik A. Wagner
Die Zielsetzung der Dissertation untersteht der bis heute vehement geäußerten Forderung, die Geschichte der weströmischen Senatsaristokratie und des Senates für die erste Hälfte des 5. Jh. n. Chr. vorzulegen. Unter Heranziehung aller für diese Zeit zur Verfügung stehenden Quellen wurde die politische und gesellschaftliche Bedeutung des Senats und der stadtrömischen Senatsaristokratie einer umfassenden Untersuchung unterzogen.
Ein besonderes Anliegen war hierbei, nicht nur die literarischen, epigraphischen und numismatischen Quellen, sondern vor allem auch die archäologischen Zeugnisse in die Betrachtung einzubeziehen. Die archäologischen Zeugnisse wurden hierbei ausführlich diskutiert und zum Teil auch neu datiert und bewertet.
Es ließ sich zeigen, dass die stadtrömische Senatsaristokratie und der Senat durchaus verstanden, die Chancen zu nutzen, die die politische Schwäche der Kaiser, aber auch der Heermeister boten. Um die Handlungsfähigkeit der Zentralgewalt aufrecht zu erhalten, waren sowohl der Kaiser als auch die Heermeister auf die Kooperation der Senatsaristokratie und des Senats angewiesen. Vor allem anhand der Gesetzgebung, Amtsbesetzung und Ehreninschriften ließ sich dies deutlich aufzeigen.
Gleichzeitig bietet die Arbeit einen umfassenden Einblick in das Kulturleben Roms und des römischen Westens in der ersten Hälfte des 5. Jhs. Im Kultur- und Identitätserhalt - gerade auch in der Erhaltung der stadtrömischen Monumente, der Bildung, der altehrwürdigen Ämter und der Spielgebung - stellt die stadtrömische Senatsaristokratie ihren Wert als Bewahrer der Urbs aeterna und der römischen Welt unter Beweis. In der Aristokratisierung des Christentums zeigt sie sich gleichermaßen als Erneuerer und Bewahrer, wobei - umgedreht - die Christianisierung der Senatsaristokratie durchaus auch zerstörerische Züge annehmen konnte. In diesem Kontext ließen sich die senatorischen Kirchenstiftungen, Reliquienkulte, Heiligenlegenden und christlich-senatorischen Bildwelten diskutieren.
Insgesamt ist eine facettenreiche Studie entstanden, die nicht nur für die Alte Geschichte, sondern auch für die Klassische Archäologie, Theologie, Patristik und christliche Archäologie von großem Interesse sein wird.
Publikation:
Wagner, Hendrik A., Das spätantike Rom und die stadtrömische Senatsaristokratie (395–455 n. Chr.). Eine althistorisch-archäologische Untersuchung, Berlin/Boston 2021
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Politische Strategien und Diplomatie in den Konflikten zwischen dem spätantiken Rom und den Sasaniden im 5. und 6. Jahrhundert
Sowohl die Diplomatie als auch deren wissenschaftliche Erforschung haben sich nach dem Ersten Weltkrieg erheblich gewandelt. In der Politikwissenschaft wird von einer "new diplomacy" ausgegangen, in welcher die konventionelle Diplomatiegeschichte, die sich auf zwischenstaatliche Verhandlungen auf höchster Ebene beschränkt, von einer breiteren Betrachtung abgelöst wird, welche die zahlreichen Hintergründe internationaler Beziehungen einbezieht.
Für die Altertumswissenschaften gilt dies aber nicht in gleichem Maße. In diesen herrscht nach wie vor das enge Diplomatieverständnis des 19. Jahrhunderts und die mit diesem einhergehenden Grundannahmen über die Diplomatie als in ihrem Wesen ehrliche und ehrenhafte Begegnung staatlicher Mächte auf einer Ebene in einem strengen formalen Rahmen. Somit blieb aber bisher ein Großteil zwischenstaatlicher Aktionen, die heute fraglos der Diplomatie zugeordnet werden, in diesem Zusammenhang unbeachtet.
In der Dissertation wird ein fortlaufendes und ununterbrochenes Band zwischenstaatlicher Beziehungen zwischen Rom und den Sasaniden aufgezeigt, welches zu einer Neubewertung der in den Quellen zu findenden militärischen wie zivilen Konflikten führt. Der Eindruck kurzfristiger und geradezu beliebiger Außenpolitik weicht unter dem Licht der "new diplomacy" diesem Band, das beide Seiten mit allen Mitteln, die vormodernen Staaten zur Verfügung standen, in ihrem Sinne zu modifizieren suchten. Der Untersuchungsraum umfasst, mit Vor- und Rückgriffen, die Zeit von der Teilung Armeniens Ende des 4. Jahrhunderts bis zum Abschluss des fünfzigjährigen Friedens unter Justinian I. und Chosrau I.
Publikation:
Andres, Hansjoachim, Bruderzwist. Strukturen und Methoden der Diplomatie zwischen Rom und Iran von der Teilung Armeniens bis zum Fünfzigjährigen Frieden, Stuttgart 2022